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Tagungsberichte

Mit der Seele baumeln – oder baumeln lassen?

By 10. Juli 2022No Comments

Mit der Seele baumeln – oder baumeln lassen?

Egal wie man´s nimmt: das Motto der diesjährigen Gruftie-Tagung über Christi Himmelfahrt versprach auf jeden Fall entspannte Tage. Und passend zum Thema war auch der Tagungsplan diesmal sehr luftig und locker gestaltet, sodass viel Zeit war, um sich nach der langen Zeit wieder kräftig auszutauschen und die Gemeinschaft auf der Burg zu genießen.

Die Seele baumeln lassen – was genau bedeutet das eigentlich? Dieser Frage wollten die rund 50 Quickborner:innen an dem langen Wochenende auf den Grund gehen und starteten deshalb am Donnerstagmorgen mit Hans Pich und Markus Kämereit damit, die Begriffe auseinanderzunehmen: Seele und baumeln. Ist das etwas Aktives oder Passives? Baumeln oder baumeln lassen? Wie verschieden die Interpretationen und das Verständnis dieser Phrase sein können, zeigte sich ziemlich schnell. Während für die einen das entspannte Faulenzen in der Natur, mit einem guten Buch und viel Ruhe der beste Weg zum baumeln lassen war, baumelten die anderen mit ihrer Seele eher aktiv, etwa auf einer actionreichen Silvestertagung in Gesprächen und Interaktion mit anderen.

So oder so war bei dieser Tagung für beide Parteien etwas dabei: viele ausgedehnte Pausen, die Zeit sowohl für den Mittagsschlaf als auch für Gespräche mit anderen Teilnehmenden ließen – sehr ungewohnt für die sonst straff durchorganisierten Tagungen. Ebenso ungewöhnlich wie die vielen beigetragenen thematischen Einheiten aus der Mitte der Teilnehmenden. Ob Qi-Gong mit Manuela Bucher, Kräuterwanderung mit Barbara Kämereit, oder Tai-Chi mit Stephan Weisz: das Angebot war abwechslungsreich und bot viel Inspiration und Raum, um abzuschalten und zu baumeln. Besonders Anklang fand auch, dass das Tai-Chi, welches seit Jahren auf der Silvestertagung noch quasi vor dem Aufstehen angeboten und deshalb meist von vielen eher nicht in Anspruch genommen wird, einmal zu einer „humaneren“ Uhrzeit stattfand – und wer weiß, vielleicht schafft es ja der eine oder die andere jetzt doch bei der nächsten Silvestertagung früher aus dem Bett?

Trotz all dieser schönen selbstorganisierten Angebote durfte auf einer richtigen Quickborn-Tagung natürlich keine Referentin oder Referent fehlen. Mit Dr. Jochen Niemuth war ein ganzer Tag allein dem Thema Seele gewidmet und der Frage, was genau das sei. Ginge es nach dem Referenten, wäre die Frage allerdings schon falsch gestellt: denn aus seiner Sicht sind wir keine Körper, die eine Seele, sondern Seelen, die einen Körper hätten. Dieser Perspektivwechsel ermöglicht eine ganz andere Erforschung des Themas. Was für Konsequenzen ergeben sich daraus? Wie treten wir in Kontakt mit unserem Innersten? Wie gelingt uns eine achtsame Wahrnehmung? Und welche Rolle spielt dabei die Religion? Diese Fragen wurden durch Gespräche, Diskussionen im Plenum und eine geführte Meditation zu ergründen versucht. Impulse und Ansichten, die Jochen teilte, waren inspirierend und regten durchaus auch sehr hitzige Debatten an. Denn trotz allem blieben es Spekulationen, von denen niemand mit absoluter Sicherheit sagen kann, dass sie Wirklichkeit seien. Der Austausch über die persönlichen Überzeugungen, Erfahrungen, Perspektiven und Ideen war jedoch äußerst bereichernd und hat viel Freude bereitet.

Mindestens ebenso viel wie die intensiven Gespräche, die das ganze Wochenende überall ihren Platz fanden: in der Sonne auf den Bänken, bei einem Kaffee vor der Buchhandlug, beim Essen im Pfeilersaal oder abends im Amtshauskeller. Es gab viel zu erzählen, denn nach so langer Zeit war die Freude des Wiedersehens riesig und das Bedürfnis, die anderen auf den neusten Stand zu bringen, noch größer. Mit Lagerfeuer und Stockbrot, dem gemeinsamen Singen, einer Meditation in der Kapelle sowie einem Abschlussgottesdienst inklusive musikalischer Begleitung waren auch weitere typische Programmpunkte und Must-haves an dem Wochenende vertreten. Das warme und freudige Gefühl, das Treffen mit Quickborner:innen immer hervorrufen, hallt noch weiter nach und lässt hoffen, dass die nächste Zusammenkunft nicht allzu lange auf sich warten lässt!