Aufbruch und Wandel (1948 – 1966)

Von der Improvisation der Nachkriegsjahre zur politischen Debatte

Die Jahre zwischen 1948 und 1966 waren eine Zeit der enormen Dynamik. Es war die Phase, in der sich der Quickborn neu fand, strukturierte und politisch positionierte.

1948: Das erste Treffen – Ein Abenteuer

Vom 1. bis 7. August 1948 fand das erste Bundestreffen nach dem Krieg auf Burg Rothenfels statt. Es war ein Symbol dafür, dass der Bund Zukunft hat. Die Anreise war oft ein eigenes Abenteuer: 40 Quickborner vom Niederrhein brauchten zwei Tage für die Fahrt. Sie reisten auf einem Holzvergaser-Lastwagen, mussten die französische Besatzungszone umfahren und den LKW schieben, wenn es bergauf ging. Doch die Begeisterung überwog alle Improvisation.

Seit diesem Sommer finden die Bundestagungen jährlich statt. Besonders die Jubiläen (wie das große Bundesfest 1959) wurden zu Meilensteinen, an denen der Blick zurück und nach vorn gerichtet wurde.

Eine neue Struktur

Um 1950 gab sich der Bund eine neue Ordnung, die den unterschiedlichen Lebensphasen gerecht werden sollte. Er gliederte sich in:

  • Jungen- und Mädchengemeinschaft (Jugend)
  • Mittelschicht (junge Erwachsene/Studenten, 20–30 Jahre)
  • Älterengemeinschaft

Die Rolle der Geistlichen Ein besonderes Merkmal des Quickborn war schon damals sein demokratisches Verständnis. Im Gegensatz zur kirchenamtlich organisierten Jugend waren die Priester keine „Präsides“ (Leiter), sondern „Geistliche Beiräte“. Sie waren Brüder im Bund. Ihre Rolle beschrieb man als „Hausvater im Gottesdienst“ und „Mahner in Fragen des Gewissens“, aber bei Entscheidungen hatten sie in den Gremien (Gau- und Bundesthing) nur beratende Stimme.

Die Mittelschicht: Politisch und Kritisch

Die Gruppe der jungen Erwachsenen (Mittlerengemeinschaft) entwickelte ein starkes intellektuelles und politisches Profil. In ihrer Bundesordnung von 1951 definierten sie Burg Rothenfels als ihre „geistige Heimat“ und formulierten einen hohen Anspruch:

„Wir sind eine Gemeinschaft junger Menschen […], die als katholische Christen zusammen einen selbständigen Weg zur Gestaltung ihres Lebens suchen. […] Wir fühlen uns geeint durch die gewachsene Eigenart unseres Bundes: die vertrauensvolle Offenheit [und] die Erkenntnis, daß zum freien und ganzen Menschen die Gemeinschaft gehört.“

Unter Sprechern wie Günter Bals wurde in Werkwochen und der Zeitschrift „Werkblatt“ heiß diskutiert: über Freiheit, soziale Fragen, die Ökumene und den Dialog zwischen Christen und Marxisten. Als Vorbilder galten ausdrücklich die Männer und Frauen des Widerstands gegen Hitler.

Jugend bewegt: Fahrten, Zelte und der Senklerhof

Auch die Jungen- und Mädchengemeinschaften erlebten eine Blütezeit, oft beeinflusst von den Formen der bündischen Jugend („Kohte“, Großfahrten).

  • Publikationen: Zeitschriften wie „Das große Wagnis“ oder „Drachensaat“ stärkten den Zusammenhalt.
  • Fahrten: Legendär waren die Großfahrten, etwa nach Finnland (1957) oder Island (1960/1963), geleitet von Persönlichkeiten wie Meinulf Barbers oder Roland Haas.
  • Der Senklerhof: 1955 kaufte der Quickborn auf Anregung der Freiburger Hochschulgruppe ein altes Bauernhaus im Schwarzwald. Der Senklerhof in St. Märgen wurde zum Selbstverpflegerhaus umgebaut und ist bis heute – neben der Burg – ein wichtiger Ort für unsere Jugendwerkwochen.

Fazit: Immer wieder „Der neue Anfang“

Diese zwei Jahrzehnte waren geprägt von einer bunten Vielfalt aus Gruppenleben, Fahrten, Hochschulgruppen und intensivem Schrifttum. Es gab Aufbrüche, aber auch Brüche. Doch genau das ist typisch für den Quickborn: Nicht das Verwalten des Alten, sondern das stetige Ringen um die zeitgemäße Form. Schon 1922 trug ein Berichtsheft den Titel „Der neue Anfang“ – ein Motto, das auch für die Zeit bis 1966 galt.

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